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Erbschaft aus dem Ausland Schweiz: Umfassender Leitfaden für Erben

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Das Wichtigste im Überblick

  • Doppelbesteuerung vermeiden: Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz regelt die Vermeidung der doppelten Besteuerung von Erbschaften
  • Rechtswahl entscheidend: Bei grenzüberschreitenden Erbfällen ist die Bestimmung des anwendbaren Rechts von zentraler Bedeutung für die Nachlassabwicklung
  • Professionelle Beratung unerlässlich: Die Komplexität internationaler Erbfälle erfordert spezialisierte rechtliche und steuerliche Beratung bereits im Vorfeld

Warum grenzüberschreitende Erbfälle zwischen Deutschland und der Schweiz zunehmen

Grenzüberschreitende Erbfälle zwischen Deutschland und der Schweiz werden aufgrund der zunehmenden Mobilität und wirtschaftlichen Verflechtung immer häufiger. Wer als deutscher Staatsangehöriger in der Schweiz gelebt hat, dort Vermögen besitzt oder von einem Schweizer Erblasser erbt, steht vor komplexen rechtlichen und steuerlichen Herausforderungen. Die Abwicklung einer Erbschaft aus der Schweiz erfordert fundierte Kenntnisse sowohl des deutschen als auch des schweizerischen Erbrechts sowie der jeweiligen Steuergesetze. Bereits bei der Testamentserstellung müssen die unterschiedlichen Rechtssysteme berücksichtigt werden, um späteren Komplikationen vorzubeugen.

Die Besonderheiten internationaler Erbfälle liegen nicht nur in den unterschiedlichen Rechtssystemen, sondern auch in den verschiedenen Verfahrensabläufen, Fristen und steuerlichen Regelungen. Eine fehlerhafte Abwicklung kann zu erheblichen finanziellen Nachteilen, Doppelbesteuerungen oder sogar zum Verlust von Erbansprüchen führen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, bereits frühzeitig die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verstehen und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Ein gut durchdachtes Testament mit wirksamer Rechtswahl kann dabei viele spätere Probleme vermeiden.

Das Zusammenspiel von deutschem und schweizerischem Erbrecht

Das deutsche Erbrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 1922 ff. geregelt, während die Schweiz ihr Erbrecht im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) in den Artikeln 457 ff. normiert hat. Beide Rechtssysteme unterscheiden sich in wesentlichen Punkten, was bei grenzüberschreitenden Erbfällen zu komplexen Rechtsfragen führt.

Die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) regelt seit 2015 die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen sowie die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen mit grenzüberschreitendem Bezug. Da die Schweiz nicht EU-Mitglied ist, findet die EU-ErbVO auf Erbfälle mit Schweizer Bezug grundsätzlich keine Anwendung. Stattdessen gelten die jeweiligen nationalen Kollisionsrechte und bilaterale Abkommen.

Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz vom 11. August 1971 regelt die Vermeidung der doppelten Besteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Artikel 24 dieses Abkommens enthält spezielle Regelungen für die Erbschaftsteuer, wobei grundsätzlich der Belegenheitsstaat das Besteuerungsrecht für unbewegliches Vermögen hat, während bewegliches Vermögen am letzten Wohnsitz des Erblassers besteuert wird.

Nach deutschem Kollisionsrecht bestimmt sich das auf eine Erbschaft anwendbare Recht nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Hat der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz gehabt, kommt grundsätzlich schweizerisches Erbrecht zur Anwendung. Allerdings kann der Erblasser durch eine entsprechende Rechtswahl in seinem Testament das Recht seiner Staatsangehörigkeit wählen.

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Die wichtigsten Unterschiede und Herausforderungen im Detail

Anwendbares Recht und Rechtswahl

Die Bestimmung des anwendbaren Rechts ist von fundamentaler Bedeutung für die gesamte Nachlassabwicklung. Nach deutschem internationalen Privatrecht richtet sich die Erbfolge nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Lebte der Erblasser also in der Schweiz, kommt schweizerisches Erbrecht zur Anwendung.

Der deutsche Erblasser kann jedoch durch ausdrückliche Verfügung in seinem Testament bestimmen, dass deutsches Recht anwendbar sein soll. Diese Rechtswahl muss eindeutig formuliert und wirksam getroffen werden. Wichtig ist dabei, dass die Rechtswahl sowohl nach deutschem als auch nach schweizerischem Recht wirksam sein muss.

Unterschiede zwischen deutschem und schweizerischem Erbrecht

Das schweizerische Erbrecht kennt im Gegensatz zum deutschen Recht keine unbeschränkte Testierfreiheit. Während in Deutschland grundsätzlich frei über das Vermögen verfügt werden kann und nur Pflichtteilsansprüche zu beachten sind, sieht das schweizerische Recht weiterhin höhere Pflichtteile vor. Seit 1. Januar 2023 beträgt der Pflichtteil der Nachkommen die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Eltern haben keinen Pflichtteilsanspruch mehr. Der Pflichtteil des Ehegatten bleibt bei der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils.

Ein weiterer wichtiger Unterschied liegt in der Güterstandsauseinandersetzung. Während in Deutschland bei Zugewinngemeinschaft der Zugewinnausgleich durchgeführt wird, kennt die Schweiz die Errungenschaftsbeteiligung mit anderen Ausgleichsmechanismen.

Nachlassverfahren und Zuständigkeiten

In der Schweiz ist grundsätzlich die Behörde am letzten Wohnsitz des Erblassers für die Nachlassabwicklung zuständig. Das Verfahren unterscheidet sich erheblich vom deutschen Erbscheinverfahren. In der Schweiz wird häufig eine amtliche Liquidation durchgeführt, bei der die Behörden aktiv an der Nachlassabwicklung beteiligt sind.

Deutsche Erben müssen sich häufig bei den schweizerischen Behörden als Erben legitimieren. Dies erfolgt durch entsprechende Nachweise der Erbenberechtigung, die je nach Kanton unterschiedlich gehandhabt werden. Besonders wichtig ist die Beachtung der Ausschlagungsfristen, die in der Schweiz deutlich kürzer sind als in Deutschland.

Steuerliche Behandlung

Die steuerliche Behandlung von Erbschaften aus der Schweiz ist besonders komplex. Grundsätzlich unterliegen deutsche Staatsangehörige mit ihrer weltweiten Erbschaft der deutschen Erbschaftsteuer, unabhängig davon, wo sich das Vermögen befindet. Gleichzeitig kann auch die Schweiz Erbschaftsteuern erheben.

Das Doppelbesteuerungsabkommen sieht verschiedene Mechanismen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vor. Für unbewegliches Vermögen in der Schweiz steht das Besteuerungsrecht grundsätzlich der Schweiz zu, während Deutschland eine Anrechnung der schweizerischen Steuer vornimmt. Bei beweglichem Vermögen ist die Situation komplexer und hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Praktische Tipps für Betroffene

Rechtzeitige Nachlassplanung

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten ist eine vorausschauende Nachlassplanung besonders wichtig. Bereits zu Lebzeiten sollten klare Regelungen getroffen werden, um späteren Komplikationen vorzubeugen. Dazu gehört insbesondere eine wirksame Rechtswahl im Testament, die eindeutig bestimmt, welches nationale Erbrecht anwendbar sein soll.

Dokumentation und Nachweise

Sammeln Sie alle relevanten Dokumente und Nachweise über Vermögenswerte in beiden Ländern. Dazu gehören Grundbuchauszüge, Bankbescheinigungen, Versicherungspolicen und sonstige Vermögensnachweise. Diese Dokumentation ist sowohl für die Nachlassabwicklung als auch für die steuerliche Behandlung unerlässlich.

Fristen beachten

Die Fristen für Erbausschlagungen, Steueranmeldungen und andere erforderliche Handlungen unterscheiden sich in Deutschland und der Schweiz erheblich. In der Schweiz beträgt die Ausschlagungsfrist häufig nur drei Monate, während sie in Deutschland sechs Wochen beträgt. Eine Fristversäumung kann zum unwiderruflichen Verlust von Rechten führen.

Steuerliche Optimierung

Nutzen Sie die Möglichkeiten zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen durch das Doppelbesteuerungsabkommen. Prüfen Sie, ob eine Anrechnung ausländischer Steuern möglich ist und welche Nachweise dafür erforderlich sind. In manchen Fällen kann auch eine Verlagerung des Vermögens zu Lebzeiten steuerlich vorteilhaft sein.

Checkliste für Erbfälle mit Schweiz-Bezug

Sofortmaßnahmen nach dem Erbfall:
  • Gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zum Todeszeitpunkt ermitteln
  • Anwendbares Erbrecht bestimmen (deutsche oder schweizerische Rechtswahl prüfen)
  • Ausschlagungsfristen in beiden Ländern prüfen und dokumentieren
  • Vermögenswerte in Deutschland und der Schweiz inventarisieren
  • Zuständige Behörden in der Schweiz kontaktieren
  • Deutsche Erbschaftsteuererklärung vorbereiten
Mittelfristige Schritte:
  • Erbschein oder entsprechende schweizerische Legitimation beantragen
  • Banken und Versicherungen in beiden Ländern informieren
  • Immobilien und andere Vermögenswerte bewerten lassen
  • Steuerliche Anrechnungsverfahren einleiten
  • Erb- und güterrechtliche Auseinandersetzung durchführen
Langfristige Planung:
  • Nachlassabwicklung koordinieren und überwachen
  • Steuerliche Optimierungen umsetzen
  • Vermögensübertragungen an nachfolgende Generationen planen
  • Präventivmaßnahmen für künftige Erbfälle etablieren

Handlungsempfehlung

Erbschaften aus der Schweiz stellen deutsche Erben vor komplexe rechtliche und steuerliche Herausforderungen, die eine sorgfältige Planung und professionelle Beratung erfordern. Die Unterschiede zwischen deutschem und schweizerischem Erbrecht, die verschiedenen Verfahrensabläufe und die komplexe steuerliche Behandlung machen eine frühzeitige Auseinandersetzung mit der Thematik unerlässlich.

Besonders wichtig ist die rechtzeitige Nachlassplanung zu Lebzeiten, um späteren Komplikationen vorzubeugen. Eine wirksame Rechtswahl, die Dokumentation aller Vermögenswerte und die Beachtung der unterschiedlichen Fristen sind entscheidende Erfolgsfaktoren für eine reibungslose Nachlassabwicklung.

Die steuerliche Optimierung durch Nutzung des Doppelbesteuerungsabkommens kann erhebliche finanzielle Vorteile bringen, erfordert aber fundierte Kenntnisse beider Steuersysteme. 

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Häufig gestellte Fragen

Grundsätzlich gilt das Recht des Landes, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der Erblasser kann jedoch durch eine wirksame Rechtswahl das Recht seiner Staatsangehörigkeit wählen. Bei komplexen Sachverhalten sollte frühzeitig rechtliche Beratung eingeholt werden.
Ja, deutsche Staatsangehörige und Personen mit Wohnsitz in Deutschland unterliegen mit ihrem weltweiten Erbe der deutschen Erbschaftsteuer. Das Doppelbesteuerungsabkommen verhindert jedoch eine doppelte Belastung durch Anrechnungsregelungen.
Die Ausschlagungsfristen variieren je nach Kanton, betragen aber häufig nur drei Monate. Diese Frist ist deutlich kürzer als die deutsche Ausschlagungsfrist von sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls. Eine frühzeitige Prüfung ist daher unerlässlich.
In der Schweiz gibt es kein dem deutschen Erbschein entsprechendes Dokument. Stattdessen erfolgt die Legitimation als Erbe durch andere Nachweise wie Testamente, behördliche Bescheinigungen oder Erbverträge. Die Anforderungen variieren je nach Kanton.
Grundsätzlich ist eine Fernabwicklung möglich, jedoch sind häufig persönliche Termine oder notarielle Vollmachten erforderlich. Bei komplexeren Nachlässen empfiehlt sich die Beauftragung eines schweizerischen Rechtsanwalts oder einer Treuhandgesellschaft vor Ort.
Immobilien unterliegen grundsätzlich dem Recht ihres Belegenheitsstaates (lex rei sitae). Dies kann dazu führen, dass verschiedene Teile des Nachlasses unterschiedlichen Rechtsordnungen unterliegen. Eine einheitliche Nachlassplanung wird dadurch erschwert.
Die Erbschaftsteuer variiert in der Schweiz stark zwischen den Kantonen. Während einige Kantone keine oder nur geringe Erbschaftsteuern erheben, können andere erhebliche Belastungen vorsehen. Ein Vergleich mit der deutschen Erbschaftsteuer ist nur im Einzelfall möglich.
Bei einfachen Sachverhalten ist dies grundsätzlich möglich. Bei grenzüberschreitenden Erbfällen mit Schweiz-Bezug empfiehlt sich jedoch die Hinzuziehung von Steuerberatern oder Rechtsanwälten, die mit beiden Steuersystemen vertraut sind.
Doppelstaatsbürger haben grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten wie andere Staatsangehörige. Bei der Rechtswahl können sie zwischen deutschem und schweizerischem Erbrecht wählen. Die steuerliche Behandlung hängt vom Wohnsitz und anderen Faktoren ab.
Eine frühzeitige Nachlassplanung mit eindeutiger Rechtswahl im Testament, die Dokumentation aller Vermögenswerte und regelmäßige Überprüfung der steuerlichen Situation sind wichtige Vorsorgemaßnahmen. Bei komplexeren Vermögensverhältnissen sollten Erbverträge oder andere Gestaltungsinstrumente geprüft werden.

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